Die Widerstandsgruppe der Schreibstube Eine Geschichte aus dem KZ-Mauthausen

Die SS, als Herr über Leben und Tod und Betreiber der Konzentrationslager, hatte innerhalb der KZ Lager ein grausames System der Verwaltung durch Häftlinge errichtet. Dazu wurden lange Zeit vorrangig kriminelle Häftlinge eingesetzt.

Einige dieser kriminellen Häftlinge, die als Lagerälteste, als Blockälteste oder als Verantwortliche von Arbeitskommandos eingesetzt waren, übten ihre Tätigkeit mit großer Brutalität aus. Manche bereicherten sich und verschafften sich Vorteile auf Kosten der übrigen Häftlinge. Sie waren auch bisweilen für Quälereien und Tod von Häftlingen mitverantwortlich. Erst mit der Zeit konnten da oder dort diese Leute durch Häftlinge, die aus politischen Gründen Widerstand leisteten, ersetzt werden.

Eine wichtige Drehscheibe dieses Widerstandes war die Lagerschreibstube, die auf Befehl der SS alle administrativen Tätigkeiten, wie Häftlingszu- und -abgänge, Totenlisten usw. zu bearbeiten hatte. Für diese Arbeit waren Kriminelle nicht so geeignet, sodass hier „politische“ Häftlinge eher zum Zug kamen.

Damit wurde es möglich, manches Mal einzelnen Menschen das Leben zu retten und etwas Einfluss auf die Besetzung der Häftlingsverwaltung zu bekommen.

Lagerschreiber Nr. II war Hans Maršálek. Er wurde am 19. Juli 1914 in Wien geboren. Er erlernte den Beruf eines Schriftsetzers. Nach der Okkupation Österreichs durch Hitler-Deutschland wurde er zur Wehrmacht einberufen. Aufgrund seiner antifaschistischen Einstellung flüchtete er am 19. September 1938 in die Tschechoslowakei und wurde schließlich am 28. Oktober 1941 in Prag verhaftet und am 3. November nach Wien überstellt. Anschließend verbrachte er mehrere Monate im Landesgericht Wien und im Gestapo-Gefängnis. Am 28. September 1942 wurde er mit 43 anderen Wienern in das Konzentrationslager Mauthausen verschleppt. Nach Arbeitseinsätzen im Baukommando, im Holzfällerkommando Königswiesen und im Steinbruch „Wiener Graben“ erhielt er im November 1942 eine Arbeit als Schreiber.

Hans Maršálek

In der Schreibstube des Hauptlagers waren Tschechen, Spanier und Deutsche sowie später auch Häftlinge anderer Nationen tätig. Die politischen Häftlinge in dieser Schreibstube wurden zu einem Zentrum der Solidarität und des Widerstandes.

Widerstandsgruppe der Schreibstube und Dr. Zdenek Stich

Einer dieser Häftlinge, den die Widerstandsgruppe der Schreibstube unterstützte, war der tschechische Häftling und Arzt Dr. Zdenek Stich. Er wurde im Jänner 1944 vom KZ Buchenwald strafweise ins KZ Mauthausen versetzt. Er konnte als Häftlingsarzt im Krankenlager untergebracht werden. Im Krankenlager befanden sich letztendlich etwa 18000 kranke Häftlinge. Die Zustände dort spotteten jeder Beschreibung. Kranke mit offener TBC lagen neben Typhuskranken und Schwerverletzten aus dem Steinbruch usw. Um die Anzahl der Häftlinge im Krankenlager zu verringern, gab die SS den Blockältesten des Krankenlagers den Befehl, täglich von den einzelnen Krankenabteilungen durchschnittlich 40 - 50 Menschen fürs „Erho-lungsheim Hartheim“ zur Vergasung auszusuchen.

Dr. Stich konnte mit Hilfe einer Gruppe von polnischen Häftlingen und einigen „politischen“ Blockältesten diese Selektionen zunächst einschränken und dann weitgehend verhindern.

Den Häftlingen der Schreibstube, in Zusammenarbeit mit Dr. Stich, gelang es auch manchmal, einem Häftling, der von der SS zum Tode bestimmt war, das Leben zu retten.

Dabei wurde die Identität des zu Rettenden, mit einem im Krankenlager verstorbenen Häftling in der Schreibstube bei der Erstellung der Totenlisten ausgetauscht und der zu Rettende an Stelle des Verstorbenen im Krankenlager von Dr. Stich aufgenommen. So zum Beispiel geschehen mit dem späteren Mitglied der österreichischen Lagergemeinschaft Mauthausen, Leo Kuhn, der von der SS erschossen werden sollte und durch den Identitätsaustausch den Namen Litterer erhielt und so überlebte.“

Trotz dieses erfolgreichen Kampfes auf Leben und Tod mit der SS wurden zwischen April und Dezember 1944 aus dem KZ Gusen 3000 und aus dem KZ Mauthausen 5000 Menschen ins „Erholungsheim Hartheim“ zur Vergasung gebracht.

Hans Maršálek
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