COSÌ FAN TUTTE Eine Komödie!

„Wenn es an unseren Operntheatern mit rechten Dingen zuginge, müßte COSÌ FAN TUTTE im Repertoire aller deutschen Bühnen zum mindesten jetzt den Ehrenplatz erhalten, den es schon immer verdient hat. Aber wie viele Ehrenplätze stehen daselbst heute nicht leer“ - Richard Strauss

Es wäre Spekulation, wollte man behaupten, daß COSÌ FAN TUTTE seinen heute unangefochtenen Platz im Repertoire der weltweiten Opernlandschaft einzig dem Einsatz von Richard Strauss zu verdanken hat. Unbestreitbar aber ist die klare Position, die er 1910 für das originale Werk Mozarts und da Pontes bezog – noch zehn Jahre zuvor hatte der Wiener Hofoperndirektor Gustav Mahler für eine Neuproduktion massiv in die Partitur eingegriffen, vor allem im zweiten Akt gestrichen, andere Stücke Mozarts eingefügt und überdies auch noch selbstkomponierte Passagen ergänzt.

Was wie Willkür wirken mag, ist freilich als wohlgemeint zu verstehen: Praktisch seit der verhalten positiv aufgenommenen Uraufführung am 26. Januar 1790 am alten Wiener Burgtheater ist COSÌ FAN TUTTE permanenter Beanstandung und Überarbeitung ausgesetzt gewesen. Hauptkritikpunkt war primär Lorenzo da Pontes Libretto, das entweder als hanebüchen oder aber als unmoralisch rezipiert wurde. Vor allem im 19. Jahrhundert sahen sich Theaterschaffende, aber auch Musiker und Kritiker, nicht in der Lage, COSÌ als gleichwertig neben dem FIGARO und DON GIOVANNI anzuerkennen. Ludwig van Beethoven etwa äußerte 1825 in einem Gespräch mit Ludwig Rellstab: „Opern wie … Così fan tutte könnte ich nicht komponieren. Dagegen habe ich einen Widerwillen. Ich hätte solche Stoffe nicht wählen können: Sie sind mir zu leichtfertig“. Und Richard Wagner ging 25 Jahre später in Oper und Drama sogar so weit, die musikalisch-handwerkliche Qualität von Mozarts COSÌ-Partitur in Frage zu stellen, da – so der Tenor – natürlich angesichts einen solch frivolen Stoffes die Inspiration habe ausbleiben müssen.

Die Folge der zweifelsohne moralisierenden Geringschätzung waren Unmengen von Bearbeitungen, teilweise durch Verwendung neuer (deutschsprachiger) Texte, teilweise durch Umstrukturierungen, teilweise durch Umwandlung der Oper in Singspielform, bei der die so wichtigen Rezitative durch Dialoge ersetzt wurden. EINE WIE DIE ANDRE ODER DIE SCHULE DER LIEBHABER, SO MACHEN'S DIE MÄDCHEN, SO MACHT’S JEDE, DIE WETTE ODER MÄDCHENLIST UND LIEBE, DIE SCHULE DER LIEBE ODER SO MACHEN SIE'S ALLE, WEIBERTREUE ODER DIE MÄDCHEN SIND VON FLANDERN, DIE WETTE ODER WEIBERTREUE KEINE TREUE, SO SIND SIE ALLE, ALLE, oder sogar DIE ZWEY TANTEN AUS MEYLAND ODER DIE VERKLEIDUNGEN sind nur einige Titelbeispiele aus dem ersten Jahrzehnt nach der Uraufführung, die zeigen, wie sehr sich die Theaterleitungen einerseits darum bemühten, COSÌ dennoch zu spielen, obwohl sie andererseits an der Wirkung des Originals zweifelten. Sogar Veränderungen des Stückcharakters wurden hingenommen, etwa wenn Beethovens FIDELIO-Librettist Treitschke 1814 am Theater an der Wien mit DIE ZAUBERPROBE ODER SO SIND SIE ALLE, das, was die Autoren als turbulente Buffa gedacht hatten, in die damals beliebte Gattung der Zauberoper übertrug.

Es ist bemerkenswert, daß ausgerechnet das von Eric Hobsbawm so definierte lange 19. Jahrhundert (von 1789 bis 1914), also das Zeitalter des erwachenden Bürgertums, sich so schwertat mit einem für uns selbstverständlich gewordenen Hauptwerk des Repertoires. Und vielleicht ist dieses Mißtrauen aus der Vergangenheit (mittlerweile vielleicht latent) auch heute noch immer wieder dann spürbar, wenn Neuproduktionen den Transfer in die Gegenwart zu schaffen versuchen und dabei die Gattungstraditionen, auf die Mozart und da Ponte sich bezogen, aus den Augen verlieren. Beim Wort (also ernst) genommen, erweist sich nämlich eigentlich diese lang mißhandelte Oper wirklich als – Komödie!

COSÌ FAN TUTTE

16. JAN | 18., 28. FEB | 6. MRZ | 3., 10. APR

Mit: Sumi Hwang, Kathrin Leidi, Susanne Blattert, Giorgos KanariS, Tamás Tarjányi, Priit Volmer, Volker Hoeschel & dem Beethoven Orchester Bonn

Musikalische Leitung: Hendrik Vestmann / Christopher Sprenger | Inszenierung: Dietrich W. Hilsdorf | Bühne: Dieter Richter | Kostüme: Renate Schmitzer | Licht: Thomas Roscher

Aufführungsdauer: ca. 2 Std. 40 Min zzgl. 1 Pause

Created By
Andreas K. W. Meyer [Theater Bonn]
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